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Copyright Acts for the German Empire regarding works of art, photography, and designs, Berlin (1876)

Source: Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt

Citation:
Copyright Acts for the German Empire regarding works of art, photography, and designs, Berlin (1876), Primary Sources on Copyright (1450-1900), eds L. Bently & M. Kretschmer, www.copyrighthistory.org

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12 transcripted pages

Chapter 1 Page 1


Reichs-Gesetzblatt

1876

_________


Enthält

Die Gesetze, Verordnungen etc. vom 3. Januar bis 25. Dezember 1876.,
nebst einem Vertrage vom Jahr 1875
(Von No 1107 bis einschl. No 1155.)

No 1 bis einschl. No 29.


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Berlin,

Zu haben im Kaiserlichen Post=Zeitungsamt.



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4

(Nr. 1110.) Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste.
Vom 9. Januar 1876.

WIR WILHELM, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen etc.

verordnen im Namen des Deutschen eichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

A. Ausschließliches Recht des Urhebers.

§. 1.

      Das Recht, ein Werk der bildenden Künste ganz oder theilweise nachzubilden,
steht dem Urheber desselben ausschließlich zu.

§.2.

      Das Recht des Urhebers geht auf dessen Erben über. Dieses Recht kann
beschränkt oder unbeschränkt durch Vertrag oder durch Verfügung von Todeswegen
auf Andere übertragen werden.

§.3.

      Auf die Baukunst findet das gegenwärtige Gesetz keine Anwendung.

§. 4.

      Als Nachbildung ist nicht anzusehen die freie Benutzung eines Werkes der
bildenden Künste zur Hervorbringung eines neuen Werkes.

§.5.

      Jede Nachbildung eines Werkes der bildenden Künste, welche in der Absicht,
dieselbe zu verbreiten, ohne Genehmigung des Berechtigten (§§.1,2) hergestellt
wird, ist verboten. Als verbotene Nachbildung ist es auch anzusehen:
            1. wenn bei Hervorbringung derselben ein anderes Verfahren angewendet
            worden ist, als bei dem Originalwerk;
            2. wenn die Nachbildung nicht unmittelbar nach dem Originalwerke,
            sondern mittelbar nach einer Nachbildung desselben geschaffen ist,
            3. wenn die Nachbildung eines Werkes der bildenden Künste sich an einem
            Werke der Baukunst, der Industrie, der Fabriken, Handwerke oder
            Manufakturen befindet;
            4. wenn der Urheber oder Verleger dem unter ihnen bestehenden Vertrage
            zuwider eine neue Vervielfältigung des Werkes veranstalten;
            5. wenn der Verleger eine größere Anzahl von Exemplaren eines Werkes
            anfertigen läßt, als ihm vertragsmäßig oder gesetzlich gestattet ist.

§. 6.

      Als verbotene Nachbildung ist nicht anzusehen:
            1. die Einzelkopie eines Werkes der bildenden Künste, sofern dieselbe
            ohne die Absicht der Verwerthung angefertigt wird. Es ist jedoch verboten,



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            den Namen oder das Monogramm des Urhebers des Werkes in irgend
            einer Weise auf der Einzelkopie anzubringen, widrigenfalls eine
            Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark verwirkt ist;
            2. die Nachbildung eines Werkes der zeichnenden oder malenden
            Kunst durch die plastische Kunst, oder umgekehrt;
            3. die Nachbildung von Werken der bildenden Künste, welche auf
            oder an Straßen oder öffentlichen Plätzen bleibend sich befinden.
            Die Nachbildung darf jedoch nicht in derselben Kunstform erfolgen;
            4. die Aufnahme von Nachbildungen einzelner Werke der bildenden
            Künste in ein Schriftwerk, vorausgesetzt, dass das letztere als
            die Hauptsache erscheint, und die Abbildung nur zur Erläuterung
            des Textes dienen. Jedoch muß der Urheber des Originals oder die
            benutze Quelle angegeben werden, widrigenfalls die Strafbestimmung
            im §. 24 des Gesetzes vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht
            an Schriftwerken etc., (Bundes=Gesetzbl. 1870 S.339) Platz greift.

§. 7.

      Wer ein von einem Anderen herrührendes Werk der bildenden Künste, auf
rechtmäßige Weise, aber mittelst eines anderen Kunstverfahrens nachbildet, hat
in Beziehung auf das von ihm hervorgebrachte Werk das Recht eines Urhebers (§. 1),
auch wenn das Original bereits Gemeingut geworden ist.

§. 8.

      Wenn der Urheber eines Werkes der bildenden Künste das Eigenthum am Werke
einem Anderen überlässt, so ist darin die Uebertragung des Nachbildungsrechts
fortan nicht enthalten; bei Porträts und Porträtbüsten geht dieses Recht jedoch
auf den Besteller über.
      Der Eigenthümer des Werkes ist nicht verpflichtet, dasselbe zum Zweck der
Veranstaltung von Nachbildungen an den Urheber oder dessen Rechtsnachfolger
herauszugeben.

B. Dauer des Urheberrechts

§. 9.

      Der Schutz des gegenwärtigen Gesetzes gegen Nachbildung wird für die
Lebensdauer des Urhebers und dreißig Jahre nach dem Tode desselben gewährt.
      Bei Werken, welche veröffentlicht sind, ist diese Dauer des Schutzes an die
Bedingung geknüpft, dass der wahre Name des Urhebers auf dem Werke vollständig
genannt oder durch kenntliche Zeichen ausgedrückt ist.
      Werke, welche entweder unter einem anderen, als dem wahren Namen des Urhebers
veröffentlicht, oder bei welchen ein Urheber gar nicht angegeben ist, werden
dreißig Jahre lang, von der Veröffentlichung an, gegen Nachbildung geschützt.
Wird innerhalb dieser dreißig Jahre der wahre Name des Urhebers von ihm selbst
oder seinen hierzu legitimirten Rechtsnachfolgern zur Eintragung in die
Eintragsrolle (§. 39 des Gesetzes vom 11. Juni 1870), betreffend da Urheberrecht
an Schriftwerken etc. – Bundes=Gesetzbl. 1870 S. 339) angemeldet, so wird dadurch
dem Werke die im Absatz 1 bestimmte längere Dauer des Schutzes erworben.



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§. 10.

      Bei Werken, die in mehrren Bänden oder Abtheilungen erscheinen, wird
die Schutzfrist von dem ersten Erscheinen eines jeden Bandes oder einer
jeden Abtheilung an berechnet.
      Bei Werken jedoch, die in einem oder mehreren Bänden eine einzige
Aufgabe behandeln und mithin als in sich zusammenhängend zu betrachten sind,
beginnt die Schutzfrist erst nach dem Erscheinen des letzten Bandes oder der
letzten Abtheilung.
      Wenn indessen zwischen der Herausgabe einzelner Bände oder Abtheilungen
ein Zeitraum von mehr als drei Jahren verflossen ist, so sind die vorher
erschienenen Bände, Abtheilungen etc. als ein für sich bestehendes Werk und
ebenso die nach Ablauf der drei Jahre erscheinenden weiteren Fortsetzungen
als ein neues Werk zu behandeln.

§. 11.

      Die erst nach dem Tode des Urhebers veröffentlichten Werke werden dreißig
Jahre lang, vom Tode des Urhebers angerechnet, gegen Nachbildung geschützt.

§. 12.

      Einzelne Werke der bildenden Künste, welche in periodischen Werken, als
Zeitschriften, Taschenbüchern, Kalendern, etc. erschienen sind, darf der
Urheber, falls nicht anders verabredet ist, auch ohne Einwilligung des
Herausgebers oder Verlegers des Werkes, in welchem dieselben aufgenommen sind,
nach zwei Jahren, vom Ablaufe des Jahres des Erscheinens an gerechnet,
anderweitig abdrucken.

§. 13.

      In den Zeitraum der gesetzlichen Schutzfrist wird das Todesjahr des
Verfassers beziehungsweise das Kalenderjahr der ersten Veröffentlichung oder
des ersten Erscheinens des Werkes nicht eingerechnet.

§. 14.

      Wenn der Urheber eines Werks der bildenden Künste gestattet, daß dasselbe
an einem Werke der Industrie, der Fabriken, Handwerke oder Manufakturen
befindet nachgebildet wird, so genießt er den Schutz gegen weitere Nachbildungen
an Werken der Industrie etc. nicht nach Maßgabe des gegenwärtigen Gesetzes,
sondern nur nach Maßgabe des Gesetzes, betreffend das Urheberrecht an Mustern
und Modellen.

§. 15.

      Ein Heimfallsrecht des Fiskus oder andere zu herrenlosen Verlassenschaften
berechtigter Personen findet auf das ausschließliche Recht des Urhebers und
seiner Rechtsnachfolger nicht statt.

C. Sicherstellung des Urheberrechts

§. 16

      Die Bestimmungen in den §§. 18-42 des Gesetzes vom 11. Juni 1870,
betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken etc., (Bundes=Gesetzbl. 1870 S. 338)
finden auch auf die Nachbildung von Werken der bildenden Künste entsprechende
Anwendung.


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      Die Sachverständigenvereine, welche nach Maßgabe des § 31 des
genannten Gesetzes Gutachten über die Nachbildung von Werken der
bildenden Künste abzugeben, haben, sollen aus Künstlern verschiedener
Kunstzweige, aus Kunsthändlern, Kunstgewerbetreibenden und aus anderen
Kunstverständigen bestehen.

D. Allgemeine Bestimmungen.

§ 17.

      Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem l. Juli 1876 in Kraft. Alle
früheren in den einzelnen Staaten des Deutschen Reichs geltenden
Bestimmungen in Beziehung uf das Urheberrecht an Werken der bildenden
Künste treten von demselben Tage ab außer Wirksamkeit.

§. 18.

      Das gegenwärtige Gesetz findet auch auf alle vor dem Inkrafttreten
desselben erschienenen Werke der bildenden Künste Anwendung, selbst wenn
dieselben nach den bisherigen Landesgesetzgebungen keinen Schutz gegen
Nachbildung genossen haben.
      Die bei dem Inkraftreten dieses Gesetzes vorhandenen Exemplare, deren
Herstellung nach der bisherigen Gesetzgebung gestattet war, sollen auch
fernerhin verbreitet werden dürfen, selbst wenn ihre Herstellung nach dem
gegenwärtigen Gesetze untersagt ist.
      Ebenso sollen die bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhandenen,
bisher rechtmäßig angefertigten Vorrichtungen, wie Formen, Platten, Steine,
Stereotypabzüge u.s.w. auch fernerhin zur Anfertigung von Exemplaren
benutzt werden dürfen.
      Auch dürfen die beim Inkrafttreten des Gesetzes bereits begonnenen,
bisher gestatteten Vervielfältigungen noch vollendet werden.
      Die Regierungen der Staaten des Deutschen Reichs werden ein
Inventarium über die Vorrichtungen, deren fernere Benutzung hiernach
gestattet ist, amtlich aufstellen und diese Vorrichtungen mit einem
gleichförmigen Stempel bedrucken lassen.
      Nach Ablauf der für die Legalisierung angegebenen Frist unterliegen
alle mit dem Stempel nicht versehenen Vorrichtungen der bezeichneten Werke,
auf Antrag des Verletzten, der Einziehung. Die nähere Instruktion über das
bei der Aufstellung des Inventariums und bei der Stempelung zu beobachtende
Verfahren wird vom Reichskanzler-Amt erlassen.

§.19.

      Die Erteilung von Privilegien zum Schutze des Urheberrechts ist nicht
mehr zulässig.
      Dem Inhaber eines vor dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Gesetzes von
den Regierungen einzelner deutscher Staaten ertheilten Privilegiums steht es
frei, ob er von diesem Privilegium Gebrauch machen oder den Schutz des
gegenwärtigen Gesetzes anrufen will.
      Der Privilegienschutz kann indeß nur für den Umfang derjenigen Staaten
geltend gemacht werden, von welchen derselbe ertheilt worden ist.


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      Die Berufung auf den Privilegienschutz ist dadurch bedingt, dass das
Privilegium entweder ganz oder dem wesentlichen Inhalte nach dem Werke
vorgedruckt oder auf oder hinter dem Titelblatt desselben bemerkt ist. Wo
dieses nach der Natur des Gegenstandes nicht stattfinden kann oder bisher
nicht geschehen ist, muss das Privilegium, bei Vermeidung des Erlöschens,
binnen drei Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zur Eintragung
in die Eintragsrolle angemeldet werden. Das Kuratorium der Eintragsrolle
hat das Privilegium öffentlich bekannt zu machen.

§. 20

      Das gegenwärtige Gesetz findet Anwendung auf alle Werke inländischer
Urheber, gleichviel, ob die Werke im Inlande oder Auslande erschienen oder
überhaupt noch nicht veröffentlicht sind.
      Wenn Werke ausländischer Urheber bei inländischen Verlegern erscheinen,
so stehen diese Werke unter dem Schütze des gegenwärtigen Gesetzes.

§. 21.

      Diejenigen Werke ausländischer Urheber, welche in einem Orte erschienen
sind, der zum ehemaligen Deutschen Bunde, nicht aber zum Deutschen Reich
gehört, genießen den Schutz dieses Gesetzes unter der Voraussetzung, daß das
Recht des betreffenden Staates den innerhalb des Deutschen Reichs erschienenen
Werken einen den einheimischen Werken gleichen Schutz gewährt; jedoch dauert
der Schutz nicht länger, als in dem betreffenden Staate selbst. Dasselbe gilt
von nicht veröffentlichten Werken solcher Urheber, welche zwar nicht im
Deutschen Reich, wohl aber im ehemaligen deutschen Bundesgebiete
staatsangehörig sind.

      Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und
beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
      Gegeben Berlin, den 11. Januar 1876

                                    (L.S.)                  WILHELM

                                                                  Fürst v. Bismarck

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(Nr. 1111.) Gesetz betreffend den Schutz der Photographieen gegen
unbefugte Nachbildung. Vom 10. Januar 1876.

WIR WILHELM, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Deutschen eichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.

      Das Recht, ein durch Photographie hergestelltes Werk ganz oder
theilweise auf mechanischem Wege nachzubilden, steht dem Verfertiger
der photographischen Aufnahme ausschließlich zu.


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      Auf Photographien von solchen Werken, welche gesetzlich gegen Nachdruck
und Nachbildung noch geschützt sind, findet das gegenwärtige Gesetz keine
Anwendung.

§. 2.

      Als Nachbildung ist nicht anzusetzen die freie Benutzung eines durch
Photographie hergestellten Werkes zur Hervorbringung eines neuen Werks.

§. 3.

      Die mechanische Nachbildung eines photographischen Werkes, welche in
Absicht, dieselbe zu verbreiten, ohne Genehmigung der Berechtigten (§§. 1
und 7) hergestellt wird, ist verboten.

§. 4.

      Die Nachbildung eines photographischen Werkes, wenn sie sich an einem
Werke der Industrie, der Fabriken, Handwerke oder Manufakturen befindet,
ist als eine verbotene nicht anzusehen.

§. 5.

      Jede rechtmäßige photographische oder sonstige mechanische Abbildung
der Originalaufnahme muß auf der Abbildung selbst oder auf dem Karton
            a) den Namen beziehungsweise die Firma des Verfertigers der
            Originalaufnahme, oder des Verlegers, und
            b) den Wohnort des Verfertigers oder Verlegers,
            c) das Kalenderjahr, in welchem die rechtmäßige Abbildung zuerst
            erschienen ist,
enthalten, widrigenfalls ein Schutz gegen Nachbildung nicht stattfindet.

§. 6.

      Der Schutz des gegenwärtigen Gesetzes gegen Nachbildung wird dem
Verfertiger des photographischen Werkes fünf Jahre gewährt. Diese Frist
wird vom Ablaufe desjenigen Kalenderjahres ab gerechnet, in welchem die
rechtmäßigen photographischen oder sonstigen mechanischen Abbildungen der
Originalaufnahme zuerst erschienen sind.
      Wenn solche Abbildungen nicht erscheinen, so wird die fünfjährige
Frist von dem Ablauf desjenigen Kalenderjahres ab gerechnet, in welchem
das Negativ der photographischen Aufnahme entstanden ist.
      Bei Werken, die in mehreren Bänden oder Abteilungen erscheinen,
findet der §. 14. des Gesetzes 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht
an Schriftwerken etc., Anwendung.

§. 7.

      Das im §. 1. bezeichnete Recht des Verfertigers eines photographischen
Werkes geht auf dessen Erben über. Auch kann dieses Recht von dem
Verfertiger oder dessen Erben ganz oder theilweise durch Vertrag oder durch
Verfügung von Todeswegen auf andere übertragen werden. Bei photographischen
Bildnissen (Portraits) geht das Recht auch ohne Vertrag von selbst auf den
Besteller über.


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§. 8.

      Wer eine von einem Anderen verfertigte photographische Aufnahme
durch ein Werk der malenden, zeichnenden oder plastischen Kunst nachbildet,
genießt in Beziehung auf das von ihm hervorgebrachte Werk das Recht eines
Urhebers nach Maßgabe des §. 7. des Gesetzes vom 9. Januar d. J.,
betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste.

§. 9.

      Die Bestimmungen in den §§. 18 bis 38, 44, 61 Absatz 1 des Gesetzes
vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken etc.,
finden auch Anwendung auf das ausschließliche Nachbildungs- und
Vervielfältigungsrecht des Verfertigers photographischer Werke.

§. 10.

      Die Sachverständigen=Vereine, welche Gutachten über die Nachbildung
photographischer Aufnahmen abzugeben haben, sollen aus Künstlern verschiedener
Kunstzweige, aus Kunsthändlern, aus anderen Kunstverständigen und aus
Photographen bestehen.

§. 11.

      Die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes finden auch Anwendung auf solche
Werke, welche durch ein der Photographie ähnliches Verfahren hergestellt werden.

§ 12.

      Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1876 in Kraft. Auf
photographische Aufnahmen, welche vor diesem Tage angefertigt sind, findet
dasselbe nur dann Anwendung, wenn die erste rechtmäßige photographische oder
sonstige mechanische Abbildung der Originalaufnahme nach dem Inkrafttreten
des gegenwärtigen Gesetzes erschienen ist.
      Photographische Aufnahmen, welche schon bisher landesgesetzlich gegen
Nachbildung geschützt waren, behalten diesen Schutz; jedoch kann derselbe
nur für denjenigen räumlichen Umfang geltend gemacht werden, für welchen er
durch die Landesgesetzgebung erteilt war.

      Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und
beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

      Gegeben Berlin, den 10. Januar 1876

                                    (L.S.)                  WILHELM.

                                                                  Fürst v. Bismarck.



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(Nr. 1112) Gesetz betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen. Vom 11.
Januar 1876

WIR WILHELM, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.

      Das Recht, ein gewerbliches Muster oder Modell ganz oder theilweise
nachzubilden, steht dem Urheber desselben ausschließlich zu.
      Als Muster oder Modelle im Sinn des Gesetzes werden nur neue und
eigenthümliche Erzeugnisse angesehen.

§. 2.

      Bei solchen Mustern und Modellen, welche von den in einer inländischen
gewerblichen Anstalt beschäftigten Zeichnern, Malern, Bildhauern etc. im
Auftrage oder für Rechnung des Eigenthümers der gewerblichen Anstalt
angefertigt werden, gilt der letztere, wenn durch Vertrag nichts anderes
bestimmt ist, als der Urheber der Muster oder Modelle.

§. 3.

      Das Recht des Urhebers geht auf dessen Erben über. Dieses Recht kann
beschränkt oder unbeschränkt durch Vertrag oder durch Verfügung von Todes
wegen auf andere übertragen werden.

§. 4.

      Die freie Benutzung einzelner Motive eines Musters oder Modells zur
Herstellung eines neuen Musters oder Modells ist als Nachbildung nicht
anzusehen.

§. 5.

      Jede Nachbildung eines Musters oder Modells, welche in der Absicht,
dieselbe zu verbreiten, ohne Genehmigung des Berechtigten (§§. 1-3)
hergestellt wird, ist verboten. Als verbotene Nachbildung ist es auch
anzusehen:
            1. wenn bei Hervorbringung derselben ein anders Verfahren
            angewendet worden ist, als bei dem Originalwerke, oder wenn die
            Nachbildung für einen anderen Gewerbezweig bestimmt ist, als
            das Original;
            2. wenn die Nachbildung in anderen räumlichen Abmessungen oder
            Farben hergestellt wird, als das Original, oder wenn sie sich
            vom Original nur durch solche Abänderungen unterscheidet, welche
            nur bei Anwendung besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden
            können;
            3. wenn die Nachbildung nicht unmittelbar nach dem Originalwerke,
            sondern mittelbar nach einer Nachbildung desselben geschaffen ist.


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§. 6.

            Als verbotene Nachbildung ist nicht anzusehen:
            1. die Einzelkopie eines Musters oder Modells, sofern dieselbe
            ohne die Absicht der gewerblichen Verbreitung und Verwerthung
            angefertigt wird;
            2. die Nachbildung von Mustern, welche für Flächenerzeugnisse
            bestimmt sind, durch plastische Erzeugnisse, und umgekehrt;
            3. die Aufnahme von Nachbildungen einzelner Muster oder Modelle
            in ein Schriftstück.

§. 7.

      Der Urheber eines Musters oder Modells genießt den Schutz gegen
Nachbildung nur dann, wenn er dasselbe zur Eintragung in das Musterregister
angemeldet und ein Exemplar oder eine Abbildung des Musters etc. bei der
mit Führung des Musterregisters beauftragten Behörde niedergelegt hat.
      Die Anmeldung und Niederlegung muß erfolgen, bevor ein nach dem Muster
oder Modelle gefertigtes Erzeugniß verbreitet wird.

§. 8.

      Der Schutz des gegenwärtigen Gesetzes gegen Nachbildung wird dem Urheber
des Musters oder Modells ach seiner Wahl ein bis drei Jahre lang, vom Tage
der Anmeldung (§. 7) ab, gewährt.
      Der Urheber ist berechtigt, gegen Zahlung der im §. 12 Absatz3 bestimmten
Gebühr, eine Ausdehnung der Schutzfrist bis auf höchstens fünfzehn Jahre zu
verlangen. Die Verlängerung der Schutzfrist wird in dem Musterregister
eingetragen.
      Der Urheber kann das ihm nach Ansatz 2 zustehende Recht außer bei der
Anmeldung auch bei Ablauf der dreijährigen und der zehnjährigen Schutzfrist
ausüben.

§. 9.

      Das Musterregister wird von den mit der Führung der Handelsregister
beauftragten Gerichtsbehörden geführt.
      Der Urheber hat die Anmeldung und Niederlegung des Musters oder Modells
bei der Gerichtsbehörde seiner Hauptniederlassung, und falls er eine
eingetragene Firma nicht besitzt, bei der betreffenden Gerichtsbehörde seines
Wohnortes zu bewirken.
      Urheber, welche im Inlande weder eine Niederlassung, noch einen Wohnsitz
haben, müssen die Anmeldung und Niederlegung bei dem Handelsgericht in Leipzig
bewirken.
      Die Muster oder Modelle können offen oder versiegelt, einzeln oder in
Paketen neidergelegt werden. Die Pakete dürfen jedoch nicht mehr als 50 Muster
oder Modells enthalten und nicht mehr als 10 Kilogramm wiegen. Die näheren
Vorschriften über die Führung des Musterregisters erläßt das Reichskanzler=Amt.


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      Die Eröffnung der versiegelt niedergelegten Muster erfolgt drei
Jahre nach der Anmeldung (§. 7) beziehentlich, wenn die Schutzfrist eine
kürzere ist, nach dem Ablaufe derselben.

§. 10.

      Die Eintragungen in das Musterregister werden bewirkt, ohne dass
eine zuvorige Prüfung über die Berechtigung des Antragstellers oder über
die Richtigkeit der zur Eintragung angemeldeten Thatsachen stattfindet.

§.11.

      Es ist Jedermann gestattet, von dem Musterregister und den nicht
versiegelten Mustern und Modellen Einsicht zu nehmen und sich beglaubigte
Auszüge aus dem Musterregister ertheilen zu lassen. In Streitfällen
darüber, ob ein Muster oder Modell gegen Nachbildung geschützt ist, können
zur Herbeiführung der Entscheidung auch die versiegelten Packete von der
mit der Führung des Musterregisters beauftragten Behörde geöffnet werden.

§. 12.

      Alle Eingaben, Verhandlungen, Atteste, Beglaubigungen, Zeugnisse,
Auszüge etc., welche die Eintragung in das Musterregister betreffen, sind
stempelfrei.
      Für jede Eintragung und Niederlegung eines einzelnen Musters oder eines
Packets mit Mustern etc. (§. 9) wird, insofern die Schutzfrist auf nicht
länger als drei Jahre beansprucht wird (§ 8 Absatz 1), eine Gebühr von 1 Mark
für jedes Jahr erhoben.
      Nimmt der Urheber in Gemäßheit des § 8 Absatz 2 eine längere Schutzfrist
in Anspruch, so hat er für jedes weitere Jahr bis zum zehnten Jahre
einschliesslich eine Gebühr von 2 Mark, von elf bis fünfzehn Jahren eine
Gebühr von 3 Mark für jedes einzelne Muster oder Modell zu entrichten. Für
jeden Eintragungsschein, sowie für jeden sonstigen Auszug aus dem
Musterregister wird eine Gebühr von je l Mark erhoben.

§. 13.

      Derjenige, welcher nach Maßgabe des §. 7 das Muster oder Modell zur
Eintragung in das Musterregister angemeldet und niedergelegt hat, gilt
bis zum Gegenbeweise als Urheber.

§. 14.

      Die Bestimmungen in den §§. 18—36, 38 des Gesetzes vom 11. Juni 1870,
betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken etc. (Bundes=Gesetzbl. 1870 S.
339) finden auch auf das Urheberrecht an Mustern und Modellen mit der
Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die vorrätigen Nachbildungen und die
zur widerrechtlichen Vervielfältigung bestimmten Vorrichtungen nicht
vernichtet, sondern auf Kosten des Eigenthümers und nach Wahl desselben
entweder ihrer gefährdenden Form entkleidet, oder bis zum Ablaufe der
Schutzfrist amtlich aufbewahrt werden.


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      Die Sachverständigen-Vereine, welche nach § 31 des genannten
Gesetzes Gutachten über die Nachbildung von Mustern oder Modellen
abzugeben haben, sollen aus Künstlern, aus Gewerbetreibenden verschiedener
Gewerbezweige und aus sonstigen Personen, welche mit dem Muster- und
Modellwesen vertraut sind, zusammengesetzt werden.

§ 15.

      Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, in welchen auf Grund der
Bestimmungen dieses Gesetzes eine Klage wegen Entschädigung, Bereicherung
oder Einziehung angestellt wird, gelten im Sinne der Reichs- und
Landesgesetze als Handelssachen

§. 16.

      Das gegenwärtige Gesetz findet Anwendung auf alle Muster und
Modelle inländischer Urheber, sofern die nach den Mustern oder Modellen
hergestellten Erzeugnisse im Inlande verfertigt sind, gleichviel ob
dieselben im Inlande oder Aulande verbreitet werden.
      Wenn ausländische Urheber im Gebiete des Deutschen Reichs ihre
gewerbliche Niederlassung haben, so genießen sie für die im Inlande
gefertigten Erzeugnisse den Schutz des gegenwärtigen Gesetzes.
      Im übrigen richtet sich der Schutz der ausländischen Urheber nach
den bestehenden Staatsverträgen.

§. 17.

      Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April 1876 in Kraft. Es
findet Anwendung auf alle Muster und Modelle, welche nach dem
Inkrafttreten desselben angefertigt worden sind.
      Muster und Modelle, welche vor diesem Tage angefertigt worden sind,
genießen den Schutz des Gesetzes nur dann, wenn das erste nach dem Muster
etc. gefertigte Erzeugnis erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes
verbreitet worden ist.
      Muster und Modelle, welche schon bisher landesgesetzlich gegen
Nachbildung geschützt waren, behalten diesen Schutz, jedoch kann derselbe
nur für denjenigen räumlichen Umfang geltend gemacht werden, für welchen
er durch die Landesgesetzgebung ertheilt war.

      Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und
beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
      Gegeben Berlin, den 11. Januar 1876

                                    (L.S.)                  WILHELM.

                                                                  Fürst v. Bismarck.

______________________________________

Herausgegeben im Reichskanzler-Amte.

[Unveränderter Abdruck; Berlin (1904), Reichsdruckerei]



Transcription by: Friedemann Kawohl

    

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